Johann Wilhelm Ludwig Gleim wurde mit scherzhafter Dichtung von Wein, Weib, Gesang und weiteren sinnlichen Freuden als junger Mann gleichsam über Nacht zum Literaturstar. Er hatte sich den griechischen Dichter Anakreon zum Vorbild genommen und brachte scherzhafte Dichtung in Mode.
Scherz‘ an sich schließt den Spott mit ein und kann eine Waffe sein. Die Ausstellung beschränkt sich auf die Spielarten, die der scherzhaften Dichtung des Rokoko entsprechen, auf den Scherz als Ausdruck und Mittel von Heiterkeit. Der Scherz ist nicht nur ein stilistisches Phänomen. Er stiftet zwischenmenschliches Einvernehmen und war deshalb im 18. Jahrhundert ein Leitwert der Geselligkeit ähnlich der Freundschaft.
Scherzhafte Dichtung war stets streitbar und ist es bis heute. Vernunft und Religion, Moral und Arbeitsethos fühlen sich durch den Scherz leicht provoziert. Kritiker tadelten an der scherzhaften Dichtung wie am Rokoko überhaupt Belanglosigkeit und Frivolität.
Mit der Ausstellung zum 300. Geburtstag Gleims soll jenes Scherzhafte neu bewertet und gewürdigt werden. Der scherzhafte Ton ist zu verstehen als Proklamation der Lebensfreude, einer neuen diesseitigen Sinnstiftung. Er geht mit lebensphilosophischer Nachdenklichkeit einher und befindet sich im Einklang mit einer neuen Anthropologie, die Leib und Seele, Sinne und Vernunft als komplementäre Kräfte sieht. Er ist die beste Entsprechung zum Glückseligkeitsgefühl der Epoche und tritt für die Freude als humanes Gut ein.
Die Ausstellung bringt die Lyrik des Rokoko mit der Malerei und der Grafik sowie insbesondere mit der Porzellanplastik der Epoche zusammen. Sie wird von einem Katalog begleitet, der im Wallstein Verlag, Göttingen, erscheint. Ausstellung und Begleitband zeigen die Entdeckung der Heiterkeit und der Daseinsfreude als epochale Errungenschaft von ungebrochener Modernität.